Zusammenziehen: Tipps für die erste gemeinsame Wohnung
Viele Partnerschaften starten mit einem ganz ähnlichen Schema: Dating, einander kennenlernen, zusammenziehen, verloben, heiraten, Kinder bekommen und schließlich gemeinsam alt werden. Bei jeder einzelnen kleinen Station der Reise kommt die Beziehung kurz ins Stottern. Das fängt beim Dating an – und hört beim Zusammenziehen noch lange nicht auf.
Die Zeitfrage: Wann sollte ein Paar zusammenziehen? Frisch Verliebte verbringen ihre Zeit am liebsten mit der oder dem Liebsten. Jede freie Minute wird mit dem Herzensmenschen verbracht. Getrennte Wohnungen sind zum Anfang trotzdem üblich. Schließlich braucht jeder seinen kleinen Rückzugsort und überstürzen mag man ja auch nichts. Oder?
Tatsächlich gibt es keinen wirklich optimalen Zeitpunkt zum Zusammenziehen. Für manche Paare sind die ersten Wochen oder Monate direkt nach dem Kennenlernen perfekt. Andere benötigen reichlich Sicherheit und genügend Zeit, um den großen Schritt der gemeinsamen Wohnung zu gehen.
Wie es der Dramatiker Anton Tschechow so treffend ausdrückte: „Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag.“
Wer in einem frühen Beziehungsstadium zusammenzieht, setzt die rosarote Brille unter Umständen früher ab. Dann fallen einem die kleinen Alltagsmacken des Traumpartners etwas früher auf. Entweder bewältigt man diese Punkte also in einer etwas früheren Beziehungsphase – oder erst später.
Eckpunkte für einen guten Zeitpunkt sind unter anderem:
- Ist die Beziehung stabil und gefestigt genug, um kleinere oder größere Konflikte zu überstehen?
- Haben beide Partner ihre Erwartungen an eine gemeinsame Wohnung ausgesprochen?
- Wurden die Bedingungen besprochen, unter denen eine gemeinsame Wohnung in Betracht kommt?
Ein bis zwei Wochen Alltag unter einem Dach eignet sich ganz gut, um einen ersten Eindruck vom Leben mit der oder dem Herzensmenschen zu gewinnen. Aber: Urlaub im Feriendomizil jenseits von Alltag und der heimischen Spüle gelten nicht! Realistische Bedingungen sollten schon vorherrschen, wenn auch später auf kleinem Raum in der Studentenbude gewohnt werden muss. Nichts muss dabei perfekt laufen, weder für den, der „einzieht“ noch für den, der seine Wohnung teilt. Es geht beim „Probewohnen“ ganz im Gegenteil darum, ehrlich zueinander zu sein. Manchmal ist eine Beziehung doch noch zu frisch oder die Lebenssituation noch nicht kompatibel genug.
Spezialfall Fernbeziehung
Jahrelang hat man getrennt voneinander gewohnt und gelebt. Endlich ändert sich die Lebenssituation, man zieht zusammen – und die vorher stabile Beziehung kriselt. Warum?
Fernbeziehungen verhindern, dass sich echter Alltag gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin entwickelt. Stattdessen teilt man Bruchstücke miteinander, verbringt vielleicht Urlaube oder verlängerte Wochenenden regelmäßig miteinander. Ganz reales miteinander-leben ist das allerdings nicht.
Und so lernt man den Partner erst beim Zusammenwohnen nochmal so richtig kennen – mit allen Macken, die er sonst vielleicht eher verstecken konnte. Geduld ist hier wichtig und die Schaffung gemeinsamer Alltagsrituale. Selbst dann, wenn man schon jahrelang zusammen ist, müssen sie mit der ersten gemeinsamen Wohnung doch erst entwickelt werden.
Die Raumfrage: Zu dir oder zu mir?
Angesichts steigender Mieten und knapper Wohnräume ist es verlockend, sich einfach für eine – meist die größere – vorhandene Wohnung zu entscheiden.
Allerdings bieten sich hier gleich mehrere Konfliktpotenziale:
- Der Einziehende fühlt sich unter Umständen als „Gast“.
- Der Wohnungsgebende hat sich in seiner Wohnung längst eingerichtet und klare Vorstellungen davon, was wohin gehört.
- Wege zur Arbeit, den Freunden oder – wenn Kinder dazukommen – zur Kinderbetreuung oder Schule sind weiter als bei der bisherigen Wohnung.
Und so müssen beim Zusammenziehen nicht nur gemeinsame Vorstellungen vom Leben als Paar unter einen Hut gebracht werden, sondern auch ganz praktisch Möbel, Kleidung, die geliebte Bücher- oder Plattensammlung – und all der Kleinkram, den man irgendwann so angesammelt hat.
Auch der Faktor der Wege ist nicht zu unterschätzen. Wie toll die gemeinsame Wohnung auch sein mag, wenn dafür einer in der Partnerschaft deutlich längere Wege in Kauf nehmen muss, vielleicht auch sein komplettes soziales Umfeld zurücklassen muss, hinterlässt das unter Umständen einen schalen Beigeschmack. Das kann die Beziehung in Krisenzeiten zusätzlich belasten.
Paartherapeuten empfehlen in dieser Konstellation, besser nach einer dritten, neuen Wohnung zu suchen. Dann müssen beide aus- und letztlich wieder einziehen. Das hat noch einen, etwas speziellen Vorteil: Eventuelle Vorgeschichten mit Expartnern haben in der neuen Wohnung keinen Platz. In der vorhandenen dagegen hat die oder der Ex womöglich im gleichen Bett gelegen, morgens den Verlängerten am Küchentresen getrunken und abends die Zähne im Bad geputzt. Klug ist es, solche Punkte vor dem Zusammenziehen anzusprechen. Auch wenn es dem Einziehenden nicht immer bewusst ist, unterbewusst haben doch viele ein Problem damit, die Wohnung mit dem Schatten des Expartners zu beziehen.
Eine neue Wohnung sollte für beide möglichst optimal gestaltet sein:
- kurze Wege zur Arbeit, zum Lieblingsfitnessstudio, zu Freunden oder Verwandten
- mit Blick auf die Zukunft prüfen, ob Kindergärten, Schulen etc. erreichbar sind
- ausreichend Platz für das gemeinsame Glück, eventuell auch gleich ein bis zwei weitere Räume für spätere Kinder einkalkulieren
Kompromisse werden nötig, wenn „Typ Loft“ auf „Typ Hexenhaus“ trifft. Aber auch hier finden sich, wenn es um die Liebe und das Glück der gemeinsamen Wohnung geht, Mittel und Wege.
Ist ein Einzug in eine vorhandene Wohnung unverzichtbar, lautet der Rat der Experten:
- Wohnung neugestalten!
Neue Wandfarben, eine geänderte Raumaufteilung, einige Möbelstücke ausgetauscht – vergleichsweise wenig Aufwand ist nötig, um den Wohnraum umzugestalten. Wird der einziehende Partner bei der Gestaltung aktiv, eignet er sich die Wohnung an – und fühlt sich nicht als Gast. - Kompromisse eingehen!
Der Platz im neuen Liebesnest dürfte begrenzt sein. Umso wichtiger ist es, sich genau abzusprechen, welche Möbel denn hineindürfen oder ausziehen müssen.
Wer es ganz genau nimmt, geht „Auge um Auge“, respektive Schrank um Schrank vor. Darf die oder der eine sich den furchtbar hässlichen, aber liebevoll gepflegten Couchtisch ins Wohnzimmer stellen, muss auch Platz für das große Kabinett geschaffen werden, das die oder der andere mitbringt.
Die rechtlichen Punkte dürfen bei aller Vorfreude auf das Zusammenziehen nicht vergessen werden. Zu klären sind vor allem:
- Wer steht im Mietvertrag?
- Sind Neu- oder Ummeldungen bei der Gemeinde oder Stadt nötig?
- Wer zahlt was beim Umzug, der Neuanschaffung von Möbeln und bei Renovierungskosten?
- Welche Versicherungen können gekündigt werden, welche müssen für den gemeinsamen Hausrat aktualisiert werden?
- Welche Posten müssen gekündigt werden – alte Mietverträge, Strom und Telekommunikationsverträge, Monatskarten?
Die Kinderfrage: Zusammenziehen als Patchwork
Die Königsdisziplin für zusammenwachsende Patchworkfamilien ist gemeinsamer Wohnraum. Alleinerziehende Eltern machen sich vorab viele Gedanken darum, wann ein guter Zeitpunkt sein könnte, um als Familie zusammenzuwohnen.
Größere Kinder möchten mit Sicherheit in die Planung mit einbezogen werden. Bei kleineren Kindern spielt dagegen eine größere Rolle, wie stark sich das gewohnte Umfeld verändern wird. Leichter machen kann man es den Kindern, wenn sie mitentscheiden dürfen – beispielsweise bei der Raumaufteilung, den Wandfarben, der Klingelschildgestaltung. Das gilt vor allem für jüngere Kinder.
Ältere Teenager verlassen Freunde sowie die Schule meist nur sehr ungern. Sie brauchen das Gefühl und die klare Bestätigung, dass sie trotz veränderter Lebenssituation weiterhin die Priorität im Leben ihres Elternteils sind. Deshalb sind gemeinsam gefällte Entscheidungen beim Wohnort, dem Viertel oder Wege, wie, ob die bisherige Schule weiterhin besucht werden kann, wichtig.
Beim Umzug selbst behalten die frisch verliebten Elternteile am besten immer im Auge, dass es für einen selbst als Erwachsener schon schwer ist, sich von gewohnten Dingen zu trennen. Kindern fällt der Abschied von Räumen, Möbeln oder unzähligen Erinnerungsstücken oft noch viel schwerer. Wer vor dem Umzug also noch kräftig ausmisten und endlich all das ganze Babyspielzeug entsorgen will, sollte seinem Kind genügend Zeit für Bewältigung einräumen.
Die gemeinsame Wohnung mit Freiräumen ausstatten!
Frisch Verliebte teilen Couch, Bett und Tisch – und das gern und immerzu. Je fortgeschrittener die Beziehung ist, desto eher werden kleine Freiräume nötig, mit denen man sich vom Liebsten abgrenzen kann. Sei es, dass das Arbeitszimmer für den Partner tabu sein sollte, ganz egal wie dringend es aufgeräumt oder gesaugt gehört. Sei es, dass bei ausgiebigen Beautysessions die Badezimmertür geschlossen bleibt – und der Partner nicht zwischendurch ein- und ausgeht.
In kleinen Wohnungen wird das Platzproblem oft schneller deutlich. Kurzfristig helfen Kopfhörer oder variabel aufstellbare Sichtschutzwände. Langfristig hilft nur die Absprache, wer wann Zeit für sich allein braucht – und wie sich dieses Bedürfnis in der Wohnung oder außerhalb gestalten lässt.
Ein ab und an unterschätzter Punkt bei der ersten gemeinsamen Wohnung als Paar ist auch die Frage, wer sich wann und wie abmeldet. Da lebt man nun gemeinsam, teilt Tisch und Bett – kommt sich beim „abmelden“ aber komisch vor. Freiheitsliebende fühlen sich eingeschränkt und bevormundet. Auf der anderen Seite ist es ungewohnt und seltsam, nicht zu wissen wohin der Herzensmensch verschwunden ist – und wann sie oder er wohl wieder zurücksein wird.
Die simple Lösung: Gemeinsam einmal besprechen, wie man sich das vorstellt. Die Varianten reichen dabei von „jeder kommt, wie er mag“ über „wird’s später, meldet man sich kurz von unterwegs“ über „im gemeinsamen Kalender wird ganz genau notiert, wer wann wo sein wird – damit jeder genau weiß, wann der Partner wieder zurück daheim sein wird.“